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SuedOstLink Brunnen Archäologie Wiesent

Fund eines historischen Brunnens bei Wiesent: Unsere Expertin Britta Kopecky-Hermanns im Interview zum weiteren Vorgehen der archäologischen Grabungsarbeiten

Im Rahmen archäologischer Voruntersuchungen zum Bau der Erdkabelleitung SuedOstLink wurde in Abschnitt D2 bei Wiesent ein historischer Brunnen entdeckt, der sich etwa auf das Jahr 55 n. Chr. datieren lässt.

Lesezeit
3 Minuten

Letzte Aktualisierung
8.8.2024

Wir sprachen mit der Fachkoordinatorin Denkmalschutz & Archäologie bei SuedOstLink Britta Kopecky-Hermanns. Sie betreut die Grabungsarbeiten seit Beginn an.

 

Kam der Fund des Brunnens überraschend oder gab es bereits im Vorfeld Anzeichen dafür? 

Während der letzten vier Jahre haben wir die Planung von SuedOstLink eng begleitet und dabei unterschiedliche Untersuchungen geplant und durchgeführt, um das kulturelle Erbe vollumfänglich zu schützen und den Trassenverlauf auch daran anzupassen. Mittels moderner digitaler Kartierungen und der Auswertung von geomagnetischen Untersuchungen, Feldbegehungen und geoarchäologischen Bohrungen wurde versucht, möglichst viel Informationen über den Siedlungsraum im Bereich des Trassenverlaufs herauszufinden. Mithilfe dieser Daten haben wir dann so genannte „Verdachtsräume“ bestimmt und bei diesen Stellen genauer in den Boden geschaut. So sind wir auch auf den Brunnen bei Wiesent gestoßen. Wir haben also bereits vermutet, dass dort etwas zu finden ist. Worum es sich genau handelt, konnten wir allerdings erst im Laufe der archäologischen Grabungsarbeiten konkreter bestimmen.  

 

Der historische Brunnen befindet sich im Arbeitsstreifen der Trasse. Wie wird generell mit archäologischen Funden umgegangen, die sich innerhalb des geplanten Verlaufs von SuedOstLink befinden? 

Sobald wir anfangen, den Oberboden abzutragen, ist eine archäologische Baubegleitung vor Ort, die während der Bauarbeiten vorlaufend nach potenziellen archäologischen Artefakten Ausschau hält. Sobald ein Fund zu Tage tritt oder etwas Interessantes entdeckt wird, übernimmt ein Grabungsteam die archäologischen Arbeiten. Die Fundstelle wird dann nach den Vorgaben des Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege gesichert, untersucht und das Artefakt anschließend geborgen.

SuedOstLink Brunnen Archäologie Wiesent

Der ausgegrabene Brunnen geht geschätzt auf das Jahr 55 n. Chr. zurück und ist außergewöhnlich gut erhalten. Wie konnten Sie das Alter des Brunnens so genau bestimmen und kann man sagen, wie dieser einmal ursprünglich ausgesehen hat?  

Durch eine sogenannte „dendrochronologische Untersuchung“ kann das Fälldatum des Holzes, das für den Brunnen verarbeitet wurde, jahrgenau datiert werden. Das geschieht durch einen Abgleich der Jahresringe der Hölzer mit einer regionalchronologischen Datenbank. Da der Brunnenbefund mit seinem Holzverbau noch sehr gut erhalten war, ist die Rekonstruktion des Brunnenkastens gut zu bewerkstelligen. 

 

Wie kann man sich das Leben vor 2.000 Jahren im Umfeld des Brunnes vorstellen?  

Dort wo ein Brunnen gebaut wurde, befand sich mit Sicherheit auch eine Siedlung. Bisher gibt es aus dieser Zeit aber keine weiteren Siedlungsbefunde, sodass der Brunnen den ersten Hinweis auf eine unbekannte Siedlungsgeschichte in diesem Areal gibt. Durch die Hanglage an der Fundstelle könnten weitere Siedlungsbefunde jedoch bereits abgetragen und damit verschwunden sein. Sie könnten aber auch in tieferen Hangbereichen unter aufgeschwemmtem Bodenmaterial konserviert sein. Den Sondagen (= archäologisches Verfahren zur Abklärung eines zur Ausgrabung anstehenden Terrains) im Umfeld des Brunnens und hangabwärts blicke ich daher mit großer Spannung entgegen. Vielleicht werden wir noch weitere bisher unbekannte Artefakte aufdecken. 

Der Bau des SuedOstLink schreitet davon unabhängig wie geplant weiter voran, da die archäologischen Ausgrabungen im Rahmen der bauvorbereitenden Maßnahmen stattfinden. Bis zum Planfeststellungsbeschluss und geplanten Beginn des regelhaften Baus im Planungsabschnitt D2 sind die Artefakte gesichert und dokumentiert. Der Fund des historischen Brunnens verdeutlicht erneut, wie wichtig eine vorausschauende Projektplanung ist.